Amazon verkauft in Deutschland mit Abstand die meisten E-Books (siehe Grafik). Amazon bewirbt seine Lesegeräte ständig auf der Startseite. Amazon macht mit Kindle Direct Publishing den Independent-Autoren die Veröffentlichung leichter als die meisten anderen Großen des Buchgeschäfts, und etliche der selbst verlegten E-Books verkaufen sich sehr gut. Seltsam nur, dass Amazon diejenigen Titel, die ausschließlich als E-Book erschienen sind, schlechter stellt als andere Bücher.
Wie sieht das aus? Bei manchen elektronischen Titeln schätzt Amazon automatisch den Umfang in Seiten, bei meinem ist das seit Ostern so. Das hat für die Kundschaft den Vorteil, dass E-Books untereinander der Länge nach etwas besser vergleichbar werden. Das Problem ist, dass die Schätzung sehr knapp bemessen ist, weil sie auf der kleinsten Schriftgröße im Kindle beruht. Andere E-Books, die parallel als gedrucktes Buch erschienen sind, haben den Vorteil, dass bei ihnen anscheinend die reale Seitenzahl der gedruckten Ausgabe übernommen wird und ihnen die fragwürdige Amazon-Schätzung erspart bleibt. (Ich habe es anhand des Buches, das ich gerade lese, geprüft – hier der Werbelink/Affiliate: Triffst du Buddha, töte ihn! von Andreas Altmann umfasst in der gedruckten Ausgabe 256 Seiten, für die Kindle-Ausgabe sind 267 Seiten angegeben, passt etwa. Allerdings ist die Angabe beim Hardcover zu niedrig, und beim Taschenbuch stimmt es wieder – vielleicht ein Fehler des Verlags?)
Die angebliche Seitenzahl wird von Amazon in der Produktinformation leider auch bei solchen E-Books, die nicht als gedruckte Fassung erschienen sind, als „Seitenzahl der Print-Ausgabe“ bezeichnet. Das dürfte irritieren und könnte auch dazu führen, dass Interessierte anfangen, das angebliche Buch im Shop zu suchen – und am Ende einen ganz anderen Artikel kaufen. Alles nicht so schön. Der Amazon-Support hat bisher nur stoisch seine Textbausteine versandt und erklärt, wie die Schätzung der Seitenzahl funktioniert. Und die Technik ist offenbar König.
Hinzu kommt, dass der Umfang der Leseprobe nicht einheitlich ist und sogar bei ein und demselben Titel schwanken kann – bei meinem Ratgeber zur Schilddrüsenunterfunktion sind mal um die elf, mal gut 14 Prozent des gesamten E-Books in der Vorschau (von mir anhand der Zeichenzahl berechnet). Ein Siebtel des Buches als Vorschau finde ich etwas heftig. Daran, dass Amazon mein Problem überhaupt versteht, arbeite ich noch …
Update (19.5.): Ich hatte Amazon gebeten, mein Problem an die technische Abteilung weiter zu leiten. Meine überlange Leseprobe wurde darauf individuell gekürzt und beträgt jetzt weniger als 10 % des Textes. (Danach veränderte ich meine Artikelbeschreibung. Allerdings wurde die Änderung nicht richtig akzeptiert, momentan ist eine längst geänderte Beschreibung online. Wenigstens wurde durch meinen Update-Versuch die Kürzung der Leseprobe nicht auch noch hinfällig geworden …)
Update (28.5.): Ich wollte schon fast alles neu hochladen, doch Amazon hat die veraltete Artikelbeschreibung durch die neue ersetzen können. Außerdem habe ich mir neulich die aktualisierte Fassung des E-Books auf den PC spielen lassen. In Kindle-Seiten gemessen, umfasst die Leseprobe doch genau 10 %, nur in Zeichen gezählt sind es weniger. Bin ja gespannt, wann ich mich wieder traue, was zu ändern – zwei winzige und spät entdeckte Grammatikfehler reichen mir im Moment noch nicht.
Update (5.12.): Amazon hatte den Umfang der Leseprobe tatsächlich so fixiert, dass die Sache mehrere E-Book-Updates überlebte. Mittlerweile ist die Leseprobe kürzer, was mir aber auch recht ist.
Irgendwann werde ich es hoffentlich doch noch verstehen, warum so etwas wie Seiten bei Texten in elektronischer Form konstruiert werden muss. Wörter, Zeichen, Sätze, Absätze, Kapitel: All das lass ich mir ja eingehen. Aber Seiten? Auf Bildschirmen Papier zu simulieren, verschlechtert m. E. fast immer das Leseerlebnis.
Diese Schätzung von Amazon scheint wirklich nur eine Schätzung zu sein, für die es keinerlei Maßstäbe gibt, an denen man sich orientieren kann!
Ich stehe auch gerade mit Amazon in Verhandlung, bei mir sind 20% weniger angegeben, als der Norm entsprechen würde.
Bei manchen Büchern scheint es zu klappen – bei anderen wieder nicht und das ist ärgerlich, weil es den Wettbewerb verzerrt!
Eines meiner „Konkurrenzbücher“ hat 25KB weniger als mein Buch, aber von Amazon geschätzt 10 Seiten mehr! Beide Bücher haben nur Text! Das geht gar nicht!
Die Dateigröße ist kein zuverlässiger Maßstab, weil diese auch mit der verwendeten Software, unnötigen Formatierungen etc. zu tun hat – hier gibt es sogar Tipps, wie man die Dateigröße reduzieren kann: https://www.perun.net/2012/05/05/amazon-kindle-kleinere-dateigroesse-des-e-books-mehr-einnahmen-fuer-den-autor/
Okay, Danke für den Hinweis!
Trotzdem hat mein Buch mehr Seiten als die von Amazon geschätzten:-)
Hallo!
Dieses leidige Thema ist mir auch sehr schnell ins Auge gesprungen, als ich meinen Schmöker auf die Server von Amazon gepackt habe. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als aus meinen 423 Normseiten (die genauen Parameter dafür finden sich zum Glück überall im Netz) schlappe 316 „Amazonseiten“ wurden.
Irgendwie hatte ich das geahnt, bzw. schon vorab einige meiner Downloads anderer eBooks mit Amazons Angaben zu denen verglichen. Also wurde vorsorglich im Beschreibungstext die korrekte Druckseiten-Angabe erwähnt. Klar, je nach Schriftstil und Formatierung würde die in physischen Ausgaben auch wieder zu Differenzen führen, aber Normseite bleibt Normseite. Daran kann kein Amazon-Algorithmus rütteln.
Ich empfehle dir also, den Beschreibungstext mit der entsprechenden Angabe zu vervollständigen.
Viele Grüße und gute Verkäufe noch!
A. Felsenstein
Vergesst die Seitenzählung, egal bei welchem Reader. Und vergesst dabei vor allem das papiergebundene Normseitenmodell. Es gibt bei ebooks keine Seiten wie in Printausgaben. Ebooks (sofern es keine PDF-Pseudo-ebooks sind) enthalten fortlaufenden Text, der zum Beispiel beim epub-Format dem HTML-Standard für Webseiten entspricht (das Amazon-Kindle-Format azw/mobi ist intern so ähnlich). So wie es keine Seitenzahl bei Webauftritten gibt, da es auf Bildschirmen keine „Normseiten“ gibt, so wenig gibt es sie in ebooks. Alle Seitenzahlangaben sind technisch hingebogene Krücken, um dem Leser eine Brücke zur gewohnten analogen Welt zu schlagen. Wie wenig das Seitenmodell bei Readern passt, sieht man ja schon daran, dass man die Schriftgröße verstellen kann (im Gegensatz zu gedruckter Schrift). Was ist da denn nun eine Seite? Es gibt von Adobe einen Standard (aber nur für epub-Format), mit dem man für Reader eine Datei erzeugen kann, die Verweise auf Seitenumbrüche anhand einer Printausgabe enthält. Damit kann ein Reader (sofern er diese Datei versteht) in etwa die gleichen Seitenzahlen wie das Print-Vergleichsbuch anzeigen. Fehlen diese Informationen im epub, rechnet der Reader selbst Seitenwechsel anhand der Dateigröße aus (sofern er dem Adobe-Standard folgt, der den Rechenweg definiert). Dabei wird stur alle 1024 Byte ein Seitenwechsel festgelegt, egal, ob’s sinnvoll ist oder nicht. Wie das Rechenmodell bei Amazon aussieht weiß ich nicht. Allerdings ist es auch ein automatischer Algorithmus, der die Seitenzählung festlegt. Somit kann die Seitenzählung nie deckungsgleich zu einer Printausgabe sein. Zu welcher auch? Taschenbuch? Hardcover? XYZ-Sonderausgabe? Welche Auflage mit welchem Vor- oder Nachwort? Alles nicht so einfach …
Somit kann die Seitenzählung nie deckungsgleich zu einer Printausgabe sein. Zu welcher auch? Taschenbuch? Hardcover? XYZ-Sonderausgabe?
Genau das ist das Hauptproblem, dass Amazon hier ständig Äpfel mit Birnen vergleicht, anstatt den Umfang nach einheitlichen Maßstäben anzugeben. Ich habe auch die Zeichenzahl genannt, aber darunter kann sich nur etwas vorstellen, wer selbst Texte auf dem PC schreibt.
anstatt den Umfang nach einheitlichen Maßstäben anzugeben
Was aber wären einheitliche Maßstäbe? Die können doch nur über einen Standard definiert werden, den alle Buchhersteller, egal ob Print oder digital, einhalten. Solange der fehlt, werden alle ihre eigenen Zählmaße festlegen.
Man sollte das derzeitige System vielleicht auch milde als Übergangszeit betrachten. Verglichen mit dem Zeitraum des Buchdrucks ist die digitale Zeitspanne recht kurz und noch in der Selbstfindungsphase. Elektronische Bücher gibt es erst vergleichsweise kurz auf dem Markt. PDF schließe ich hier ausdrücklich aus, weil es ein seiten- und layoutorientiertes Dokumentenformat ist, das für Druck- und Archivierungszwecke konzipiert wurde und mittlerweile mehr schlecht als recht auch für die ebook-Sparte herhalten muss.
Was am Markt fehlt, ist eine digitale Denke. DIe Verleger/Autoren/Leser kennen Papierbücher, feste Seitenformate und Seitenzahlen. Eine Buchseite kann man anfassen, Taschenbücher mit 250 Seiten sind ungefähr gleich dick (grob pauschalisiert). Jetzt haben wir ein seitenunabhängiges Digitalformat, dessen Textfluss sich je nach Auflösung und Bildschirmgröße ständig ändert. Kann ich am Reader/Lesegerät noch die Ränder individuell einstellen, habe ich eine weitere Variable in der Rechnung. Die physische Seite kann ich hier komplett vergessen. Da es ein gänzlich anderes Medium als Papier ist, muss ich auch ein neues „mediengerechtes“ Zählmaß finden, was als Vergleich herhalten kann. Das können Zeichen, Worte und Bytes sein. Absätze taugen weniger, da diese unterschiedlich lang sein dürften, je nachdem, welcher Autor sich wie über seine Tastatur ergossen hat.
Problematischer als die wirkliche Nutzung von Zeichen oder Wörtern als Zählmaß ist wohl unser derzeitiges Unvermögen, uns unter solchen Zahlen mangels Übung etwas „Greifbares“ vorstellen zu können. Wir sind es nicht gewohnt, abstrakt zu denken, brauchen ein sicht- oder fühlbares Maß, etwas, was wir anfassen/erfassen können. Würden Verlage ab sofort alle Bücher (Print wie ebook) nur noch in Zeichen oder Wortanzahl ausweisen, würden wir uns in 5 Jahren dran gewöhnt haben, sobald wir eine signifikante Menge an Vergleichsmaterial genutzt haben. Problem bei dieser Art Zählung ist wieder nur, wenn Bücher mit Illustrationen/Fotos ausgestattet sind. Ein Fotoband mit wenig Text und vielen Fotos hätte dann eine sehr geringe Wortanzahl, könnte auf dem Papier aber leicht 300 Seiten haben. Ein ebook mit vielen Wörtern könnte es im Druck dagegen trotzdem nur auf knappe 100 Seiten schaffen. Vielleicht muss man zukünftig wirklich neue Maße finden und dabei noch analoge und digitale Welt konsequent auseinanderhalten?
Diese mengemäßige Betrachtungsweise macht meines Erachtens wenn überhaupt eh nur Sinn für Leute, die sich durch Bücher vornehmlich unterhalten lassen wollen.
Und sich also fragen: „Wie viele Stunden Zeit werde ich mit diesem Buch verbringen, wenn ich X Seiten pro Stunde lese?“.
Für Sachbücher eine absolut witzlose Maßzahl.
Denn dort geht es um den Wert des Inhaltes.
Und meiner Meinung nach eher darum, SCHNELL den Inhalt zu erfassen und sich nicht durch hunderte von Seiten langatmigen Geschreibsels einfacher Sachverhalte durchzuwühlen.
In der Kürze liegt die Würze ist ein sinnvolleres Maß für wirklich gute Sachbücher.
Nur lässt ein dergestalt definierte Qualität naturgemäß erheblich schwerer messen.
Viele Grüße
NLPete
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