Nachdem die Bestseller-Autorin Martina Gercke hier im Blog erwähnt ist, sind einige Ergänzungen fällig: Vor rund zwei Wochen tauchten konkrete Hinweise auf, dass die Autorin etliche Passagen abgeschrieben hatte. Das Branchenmagazin Buchmarkt hat mittlerweile weitere Beispiele veröffentlicht. Eine erste Beschwerde hatte es bereits im Juli in einer Amazon-Rezension gegeben: Ist eigentlich niemandem aufgefallen, dass der größte Teil von „Holunderküsschen“ geklaut ist? Sophie Kinsella und Kerstin Gier lassen grüßen.
Mittlerweile sind beide Titel – Holunderküsschen und Champagnerküsschen – nicht mehr lieferbar, weder die Kindle-E-Books auf Amazon noch die gedruckten Holunderküsschen aus dem MVG-Verlag. Da die Autorin anscheinend diverse Passagen aus Büchern übernommen hatte, die in großen Verlagen erschienen sind, beschäftigen sich nun auch die betroffenen Verlagsjuristen mit der Angelegenheit (siehe Buchmarkt-Interview). Im KDP-Forum heißen die beiden Chick-Lit-Titel nun „Kopierküsschen“.
Eine schillernde Seifenblase ist geplatzt. Ich denke aber nicht, dass die Affäre kollektiv auf alle Selfpublisher zurück fallen wird. Zum einen sind viele E-Books inhaltlich überhaupt nicht mit Gerckes Geschichten vergleichbar. Zum anderen erinnern sich die meisten Leute noch sehr gut an die Autorin Helene Hegemann und an Guttenbergs Doktorarbeit. So etwas kann überall passieren, wo mit heißer Nadel am schnellen Ruhm gestrickt wird, auch Verlage können nicht alles überprüfen. Aber möglicherweise werden es manche Verlage in Zukunft etwas gründlicher tun und lieber weniger und dafür bessere Titel ausliefern.
Und Amazons Kindle Direct Publishing hat längst einen neuen Star: Der Krimi Der 7. Tag *) von Nika Lubitsch ist der Senkrechtstarter einer erfahrenen Verlagsautorin, die unter Pseudonym schreibt und vermutlich weiß, was sie tut.
Nachtrag (3.12.): Heute berichtet auch der Buchreport darüber: Plagiatsvorwürfe gegen Bestseller-Autorin Martina Gercke. Ein Selfpublishing-Star verglüht.
Nachtrag (12.12.): Buchmarkt.de bietet seit heute ein PDF zum Download an. Darin ist aufgelistet, welche Formulierungen Martina Gercke offenbar aus Sophie Kinsellas Roman Sag’s nicht weiter, Liebling *) übernommen hat. Der Goldmann-Verlag, in dem das Original erschienen ist, fordert jetzt laut Buchmarkt.de Schadensersatz von Martina Gercke.
Update (4.1.): Buchmarkt.de meldet heute, dass sich Martina Gercke und der Goldmann-Verlag geeinigt haben, die Details sind nicht bekannt. Das Branchenmagazin geht davon aus, dass es für Gercke teuer wird.
Das Original der Britin Kinsella wurde übrigens von Isabel Bogdan übersetzt, die mir aus ihrem sympathischen Blog bekannt ist. Und so kann ich tatsächlich einen glaubwürdigen Lesetipp in diesem Eintrag unterbringen.
*) Amazon-Werbelink (Affiliate)
Bearbeitungsstand: 8. Oktober 2024 (tote Links zu Buchmarkt.de entfernt)
Gerckes Kommentar ist eine Frechheit! Selbst eine halbwegs plausible Ausrede scheint sie nicht hinzukriegen. Und sich dann noch als unschuldiges Opfer zu kaschieren, ist infam. Diese Frau scheint wirklich nichts kapiert zu haben. [Schreibweise des Namens korrigiert]
Danke für den Hinweis.
Platzhalter, leihweise. Aha. Neulich auf der Amazon-Produktseite von „Holunderküsschen“ war noch von einem unbewussten Zitat oder unbewussten Zitaten die Rede (sinngemäß), aber diese Diskussion ist ja nun offline. *)
Die Formulierung „bin ich selbst am unglücklichsten“ könnte ein unbewusstes Zitat von hier sein: https://www.youtube.com/watch?v=OpIT_JbmV4Q ;-)
*) Korrektur: Die Diskussion auf Amazon ist noch online (toter Link später zu Amazon entfernt)
Martina Gercke: Ich bin selber begeisterte Chick Lit Leserin und lese viele Bücher aus diesem Genre. Dabei bleibt vermutlich auch einiges im Hinterkopf und anscheinend hat sich in diesem Fall etwas unbewusst mit in meine Arbeit eingeschlichen. Meine Bücher sind zu hundert Prozent meiner Phantasie entsprungen.
Jo klar. Sie hat auch die Ergebnisse des Nachbarn in der Schule nur als Platzhalter in die Mathearbeit eingetragen…
besonders dreist: Der Justiziar von RandomHouse weiß nichts von einer Einigung:
buchmarkt.de/content/53460-martina-gercke-verkuendet-einigung-ueber-ihr-plagiat-aber-random-house-justitiar-rainer-dresen-weiss-von-nichts.htm
Man fragt sich, was Martina Gercke damit bezwecken will, so dreist in die Kamera zu lügen.
Der Blogeintrag mit der Stellungnahme ist inzwischen gelöscht, das Video in Martina Gerckes Youtube-Kanal anscheinend auch.
Wenn man bei Google den Namen Martina Gercke eingibt, kommt der ergänzende Vorschlag Martina Gercke Plagiat und als zweites Martina Gercke abgeschrieben. Die Kombination mit Holunderküsschen ist dann der dritte Vorschlag.
Der Bloggerin Sia Wolf ist übrigens aufgefallen, dass Martina Gerckes Bücher auf Amazon.com (anders als auf Amazon.de) weiterhin zu haben sind.